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 Tanja Heitmann

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Tanja Heitmann Empty
BeitragThema: Tanja Heitmann   Tanja Heitmann Icon_minitimeFr Jun 18, 2010 8:07 am

Tanja Heitmann wurde 1975 in Hannover geboren, studierte Politikwissenschaften und Germanistik und arbeitet in einer Literaturagentur. Sie lebt mit ihrer Familie auf dem Land.



Zitat :

Provehito in Altrum - Immer voran ins Unbekannte

Nachdem die „trockenen“ Fakten ja in der kurzen Bio zu finden sind, finde ich es als Büchernarr spannender, die Bücher zu benennen, die für mich eine große Rolle gespielt haben – vermutlich erzählen die papierenen Schätze im Regal eh viel mehr über einen Menschen als die Frage, wo er gerade lebt. Allerdings handelt es sich lediglich um eine Auswahl und der Kreis ist auch eng gezogen, denn Hand in Hand mit den Büchern gehen ja auch immer Kunst, Film und Musik.

Meine Bio enthält wohl eins der wichtigsten Merkmale aller Autorenbiographien: Ich bin von klein auf ein Büchernarr gewesen. Die vorgelesenen Geschichten von Astrid Lindgren, Hans Christian Andersen und Tove Jansson hallen bis heute durch meinen Geist genau wie diese berauschende Gewissheit, dass man einfach nur still dasitzen und den Worten lauschen muss, um an andere Orte entführt zu werden und Abenteuer zu erleben. Bis heute bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich an mein erstes, vom Taschengeld selbst gekauftes Buch denke, an Michael Endes „Die Unendliche Geschichte“. So schön er auch war, der Schutzumschlag musste ab, damit mein Buch genauso aussah wie das von Bastian Balthasar Bux. Mit der „Unendlichen Geschichte“ verbrachte ich auch das erste „durchlesene“ Wochenende, bei dem das Mittagessen im Familienkreis plötzlich zur Folter wird, weil es einen vom Lesen abhält. Aber ich erkannte noch etwas viel Aufregenderes, während ich die Reisen der beiden Jungen wie gebannt verfolgte: Dass man eine Geschichte nicht vollends begreifen muss, um sie zu lieben. Vielleicht war dies eine der wichtigsten Erfahrungen: Lesen bedeutet immer auch, sich auf etwas Unbekanntes einzulassen.

Einige Jahre später war diese Sehnsucht nach dem Unbekannten immer noch da, doch es kam noch etwas anderes hinzu, das meiner Umwelt wenig Begeisterung entlockte: Ein Hang zum Unheimlichen. Während ich einerseits mit meinen Freundinnen die Begeisterung für Literatur von Brad Easton Ellis sowie Theaterstücke wie „Unsere kleine Stadt“ von Thornton Wilder und „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ von Tennessee Williams teilte, las ich nur für mich so ziemlich jeden Stephen King-Roman, den ich in die Finger bekommen konnte, als auch H.P. Lovecraft, Bram Stoker und Edgar Alan Poe. Meine Mutter hasste diese Albträume gebärenden Romane mit Leidenschaft und meine Freundinnen hatten für Geschichten, in denen sich Vampire wie eine Seuche ausbreiten oder die verstorbene Geliebte zurückkehrt, wenig Verständnis. Das gleiche galt für meine heißgeliebten „Mars-Chroniken“ von Ray Bradbury, „I, Robot“ von Isaac Asimov und alles, was der kreative Geist von Stanislaw Lem hervorgebracht hat. Auch meine „Elfenwelt“-Comics wollte bloß meine kleine Schwester mit mir anschauen und Tolkiens „Herr der Ringe“-Trilogie hat mir ein Freund geliehen, weil er zu sehr mit der Welt der Mathematik beschäftigt war, um sie zu lesen (eine Freundin meinte zu dieser großartigen Geschichte bloß: „Verstehe ich das richtig: Es geht um kleine Kerle mit behaarten Füßen?“). In dieser Zeit kam ich mir oft wie zweigeteilt vor: Auf der einen Seite standen die Bücher, Theaterstücke und Erzählungen, die man mit anderen teilt, sich vielleicht sogar über sie darstellt. Auf der anderen Seite meine dunklen Schätze, mit denen ich viel Zeit verbrachte und sie zugleich verbarg.

Ein Zustand, der mit dem Beginn des Literaturstudiums beendet wurde: Ich entdeckte die Epoche der Romantik für mich und plötzlich fand es niemand mehr merkwürdig, wenn ich mir die Nächte mit Schattenlosen und grauenhaften Sandmännern um die Ohren schlug. Ein Geschenk jedes Studiums sind natürlich auch die vielen verschiedenen Menschen und ihre Bücherregale, die man kennenlernt. Rückblickend waren dies die Jahre des Buches, wobei es so viele verschiedene Einflüsse gab, dass mir kein herausragender Roman in Erinnerung geblieben ist – nur meine vielen Terry Pratchett-Ausgaben zeugen davon, zu wem ich im Buchladen gegriffen habe, wenn ich etwas lesen wollte, das nicht in Verbindung mit dem Studium stand. Geblieben ist auch eine Hassliebe zu Fernando Pessoas „Das Buch der Unruhe“.

Trotzdem dauerte es noch einige Jahre, bis ich mich selbst an eine eigene Geschichte herangewagte. Zuvor hatte es lediglich einige Kurzgeschichten und Skizzen von Romanideen gegeben – das Schreiben war eine Art Pausenfüller während der Unipausen, ein kurzes Abtauchen in die Sprache (auf einem alten Laptop habe ich eine fast vergessene Kurzgeschichte über einen Vampir namens Joseph entdeckt – ich hatte schon immer eine Schwäche für hebräische Namen). Zu meinem ersten Roman musste ich einen Umweg über meinen Broterwerb machen: Ich arbeite nämlich als Literaturagentin. Wenn man in der Buchbranche tätig ist, erkennt man, dass es unglaublich viele verschiedene Arten von Romanen gibt, und jede hat ihre Daseinsberechtigung. Die Vorstellung, mit meiner Liebe zum Fantastischen und Unheimlichen auf einer leicht schrägen Abseitsbahn zu stehen, war damit endgültig Vergangenheit. Wenn heutzutage Besucher vor unserem Bücherregal stehen, mit hochzogenen Brauen auf Alan Campbell und Melissa Marr deuten und sagen: „Hätte nicht gedacht, dass du so was liest“, dann lächele ich und antworte: „Am Allerliebsten.“
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Tanja Heitmann
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