"Die Verstummten" von Stefanie Fey„Die Verstummten“ ist der zweite Teil der Reihe um die Rechtsmedizinerin Carina Kyreleis und ihren Vater Kriminalhauptkommissar Matthias „Matte“ Kyreleis von Stefanie Fey. Der 432 Seiten umfassende Roman ist am 11. Februar 2013 im Heyne-Verlag und ich danke vielmals für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.
Eigentlich sollte es ein schöner, entspannter Nachmittag werden. Doch auf dem Weg zur Kindergartenabschlussfeier ihres Neffen entgeht Carina gemeinsam mit ihrem Vater nur knapp einem Unfall mit einem jugendlichen Geisterfahrer. Ganz der Kriminalhauptkommissar, nimmt sich Matte gleich des Falls an, und auch Carinas Berufskenntnisse sind kurz darauf gefragt: Als Matte und sie die Eltern des jungen Unfallfahrers benachrichtigen wollen, werden diese tot in ihrem Haus aufgefunden. Gemeinsam liegen sie auf dem Ehebett in ihren Hochzeitskleidern. Auf den ersten Blick ein einfacher Fall. Der Sohn erschoss seine Eltern und begeht dann aus Schuldgefühlen einen Suizid-Versuch. Doch schon sehr bald wird klar: Da steckt wesentlich mehr dahinter. Und Carina überschreitet mehr als einmal ihre Kompetenzen um herauszufinden, was es ist.
Doch nicht nur in diesem Kriminalfall hat Carina es mit einer Familientragödie zu tun, sondern auch privat erreicht sie eine niederschmetternde Nachricht. Die Frau, die sie über dreißig Jahre lang für ihre Mutter hielt, ist gar nicht mit ihr verwandt! Und zu allem Überfluss weigert ihr Vater sich standhaft, ihr Informationen über ihre leibliche Mutter zu geben. So muss die junge Gerichtsmedizinerin also in zwei „Fällen“ ermitteln.
Den ersten Teil der Reihe, „Die Gesichtslosen“, habe ich nicht gelesen, was jedoch keinerlei Problem darstellte. Die Geschichte ist in sich abgeschlossen und es gibt nur vereinzelte, kleine Rückblicke auf den Vorgänger, so dass man nicht vollkommen unwissend dasteht, wenn man diesen nicht gelesen hat. Zugleich ist es dadurch auch problemlos möglich, sich rückwirkend zu entscheiden, den ersten Band noch zu lesen, ohne dass dieser an Spannung verliert.
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und angenehm leicht zu lesen. Die Geschichte wird aus der Sicht mehrerer Personen und teilweise auch in Rückblenden in die Vergangenheit erzählt, was einen anfangs unter Umständen schon mal ins Stolpern bringt. Nach einer gewissen Zeit, wenn man die Personen und die Umstände ein wenig kennengelernt hat, ist es jedoch kein Problem mehr zwischen den Ansichten zu wechseln.
Ein Aspekt, der mir sehr gefallen hat ist, dass die Autorin die RAF mit ins Spiel gebracht hat und so eine fiktive aber einleuchtende Erklärung für das Attentat auf Detlev Karsten Rohwedder im Jahre 1991 liefert.
Ein großes Manko für mich war jedoch, dass ich leider keinerlei Zugang zu keiner der Figuren finden konnte. Besonders Hauptprotagonistin Carina war mir von der ersten Seite an relativ unsympathisch und es wurde auch mit der Zeit nicht wirklich besser. Zwar kann man schon verstehen, dass eine Frau, die jahrelang wegen ihrer Familiengeschichte angelogen wurde, vielleicht ein wenig emotional reagiert. Aber dass sie nun in einem Wutanfall die halbe Wohnung ihres Vaters auseinandernimmt und in den merkwürdigsten Situationen beginnt die Leute anzuschreien, hat mich dann doch etwas befremdet.
Auch Matte konnte ich nicht wirklich verstehen. Statt seine Tochter nach diesen vielen Jahren endlich einmal aufzuklären, drückt er ihr nur eine fast zwanzig Jahre alte Geburtstagskarte ihrer Mutter in die Hand und hüllt sich dann wieder in Schweigen.
Einzig Peter, ein Kollege Mattes, der später auch Carina ein wenig näher kommt, war mir sofort sympathisch und ich war fast ein wenig traurig, dass seine Rolle für meinen Geschmack etwas klein ausgefallen ist.
Auch ist mir aufgefallen, dass der Zufall hier seine Finger doch ein wenig zu oft im Spiel hat. So übernimmt Carina nebenbei noch das Begutachten zweier Fälle von Kindesmisshandlung, von denen einer dann auch noch eng mit dem zu lösenden Fall verknüpft ist und auch Silvia, Carinas Adoptivmutter und Hebamme von Beruf, ist über Ecken in das Ganze involviert.
Von der Geschichte her hat mir das Buch soweit gut gefallen, dass ich den Charakteren nicht näher kam, hat mich jedoch ziemlich gestört. Ob ich den dritten Band lesen werde, kann ich noch nicht genau sagen.