Genre: Romanze … ab 16 Jahre/Slash
Pairing: Harry x Draco
Inhalt: Ein Treffen nach zwölf Jahren bringt das Leben von Harry Potter und Draco Malfoy durcheinander ...
Disclaimer: Alle urheberrechtlich geschützten Figuren, Orte usw. gehören JKR.
Ich habe mir die Charaktere nur ausgeliehen und verdiene mit dieser Story kein Geld!!!
Ein kleiner Hinweis noch am Rande ... Teddy ist in dieser Story ein wenig älter.
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Ein Wiedersehen nach zwölf Jahren
1. Kapitel - Wer nicht wagt, der nicht gewinnt
Am Morgen des ersten Septembers war es für diese Jahreszeit schon ziemlich frisch. Aus diesem Grund hatten viele Hexen und Zauberer ihre Umhänge fest um sich geschlungen. Mitten auf dem Bahnsteig 9 ¾ im Bahnhof King’s Cross stand eine zweiköpfige Familie vor dem scharlachroten Hogwarts-Express, der weiße Dampfwölkchen in die Luft blies.
Die Uhr über Harrys Kopf zeigte noch zwanzig Minuten bis zur Abfahrt und er seufzte erleichtert auf, denn ab diesem Moment hätte er endlich wieder ein paar ruhige Stunden für sich.
Nicht, dass sich der Held der Zaubererwelt laut beklagen würde, doch innerlich schmerzte es und wenn es seinen Sohn Albus Severus nicht gebe, hätte er sich vermutlich irgendwo eingeigelt und sich von der Außenwelt komplett abgeschottet. Doch Harry James Potter liebte seinen einzigen Sohn über alle Maßen, der ihm von Jahr zu Jahr immer ähnlicher wurde, im Aussehen und Charakter.
Albus sah wie der damals elfjährige Junge aus, der von einem Halbriesen zum Bahnhof begleitet wurde, um in eine fantastische Welt der Magie einzutauchen, die er am Ende des schrecklichen Krieges gegen den Dunklen Lord und seinen Anhängern gerettet hatte. Aber dies alles gehörte der Vergangenheit an und die Gegenwart schaute ganz anders aus.
Seit zwölf Jahren war Harry nun mit Ginny Weasley verheiratet. Seit elf Jahren waren sie Eltern eines liebenswerten Sohnes und doch täuschte die Fassade. Dahinter war schon lange die Farbe vom Hausputz abgebröckelt und Harry war der Einzige, der bisher alles zusammenhielt. Vor allem tat er es für Albus, für seine Familie – die Weasleys – und seinen besten Freund, dessen Frau und ebenfalls beste Freundin Hermine und nicht zu vergessen für sein geliebtes Patenkind Teddy Remus Lupin.
Ginny dagegen war eindeutig nicht mehr die anständige und charmante Gryffindor, die Harrys Herz einst in Hogwarts gestohlen hatte, sondern hatte sich zu einer selbstbewussten und gerne im Rampenlicht stehenden Frau entwickelt. Darüber war niemand glücklich gewesen – vor allem Harry nicht, der inzwischen ein ganz normales Leben führen konnte, ohne ständig Interviews geben zu müssen – und Molly und Arthur verstanden ihre Tochter nicht mehr. Als schließlich Harrys Berühmtheit stetig abnahm, nahmen die Streitigkeiten im Hause Potter zu. Irgendwann wurde es so schlimm, dass Ginny alleine ausging, viel Alkohol trank und am Ende sogar Fremdging. Harry hatte letzteres nur durch Zufall erfahren, was ihm sein Herz gebrochen hatte, doch er blieb stark. Stark für seinen Sohn Albus Severus Potter!
Die einzigen Menschen die von Ginnys Ehebruch wussten, waren Hermine und zu Harrys größtem Bedauern auch Albus, der inzwischen kaum noch ein Wort mit seiner Mutter sprach, was ihr wiederum ganz egal zu sein schien.
„Dad?“, riss die Stimme des elfjährigen Jungen an Harrys Seite, seinen Vater aus den Gedanken. Der Angesprochene senkte den Blick und folgte dem Fingerzeig von Albus. „Da vorne sind Tante Hermine und Onkel Ron mit Rose.“
Kaum waren die Worte ausgesprochen, war Albus nicht mehr zu halten und er rannte die etlichen Meter zu seiner Freundin Rose hinüber, umarmte sie stürmisch und freute sich sichtlich. Was auch kein Wunder war, wie Harry sehr gut wusste. Albus und Rose waren im selben Alter, kannten sich seitdem sie Babys waren, hatten schon immer zusammen gespielt und würden heute auch gemeinsam als Erstklässler in Hogwarts eingeschult werden.
„Harry!“, rief es einen Augenblick später und Ron kam ihm Händchen haltend mit Hermine entgegen. „Ist Ginny nicht mitgekommen?“
Als sich die Freunde gegenüber standen und kameradschaftlich begrüßt hatten, schüttelte Harry den Kopf und sagte leise: „Sie kam erst irgendwann gegen drei Uhr heute morgen nach Hause. Keine Ahnung wo sie war, aber im Bad hat es nach Feuerwhisky gestunken.“
„Wenn ich nur an sie rankommen würde“, meinte Ron traurig und schaute seinen Freund verständnisvoll an. „Sie ist nicht mehr die Gleiche wir früher. Mum und Dad wissen auch nicht mehr weiter. Ginny will sie gar nicht mehr sehen, hat mir Bill erst letztens gesagt.“
„Ja, das stimmt“, bestätigte Harry seufzend. „Mit mir redet sie auch nur noch das Nötigste. Mittlerweile schläft sie auch alleine … ich bin ins Gästezimmer umgezogen. Außerdem wundert es mich immer noch, dass sie vor zwei Wochen mit Albus und mir in der Winkelgasse war.“
„Komm doch am Wochenende zu uns“, warf Hermine dazwischen und klopfte ihm tröstend auf die Schulter. „Bis dahin werden wir bestimmt schon einige Briefe von Rose und Albus bekommen haben und wissen, in welches Haus sie der Sprechende Hut eingeteilt hat.“
„Ich will nach Gryffindor!“, rief Albus aufgeregt und tauchte mit Rose an Harrys Seite auf.
„Oder nach Ravenclaw“, meinte das rothaarige Mädchen und wurde anschließend von ihrer Mutter herzlich gedrückt.
„Onkel Ron“, machte Albus wieder auf sich aufmerksam, als er bemerkte, dass sein Vater offensichtlich erneut in Gedanken versunken war, was in letzter Zeit keine Seltenheit war. „Hilfst du mir mit dem Gepäck?“
Ron nickte, sah Harry in den Augenwinkeln geistesabwesend nicken und lief dann mit Albus, seiner Frau und Tochter und zwei Gepäckwagen zu einem der vielen Wagons des Hogwarts-Expresses.
Harry wiederum blieb stehen und wollte kaum seinen Augen trauen. Denn von der Absperrung kam ein großer, schlanker und blonder Mann in seinem Alter, der sich nebenher mit einem ebenso blonden Jungen unterhielt, ihm auf dem Bahnsteig entgegen. Draco Malfoy, sein Sohn Scorpius und Astoria Malfoy blieben nur ungefähr zehn Meter von Harry entfernt stehen und schenkten ihrer Umgebung vorerst kein Interesse.
Überrascht sog Harry die Luft ein. Sein damaliger Mitschüler - den er von allen in der Schule gehasst hatte, wie keinen Anderen - und der vor dem gesamten Zauberergamot samt seiner Familie nach Kriegsende von allen Anklagepunkten freigesprochen und vollständig rehabilitiert wurde, da die Familie Malfoy Spione des Zauberereiministeriums gewesen waren, raubte ihm kurzzeitig die Fassung. Seit zwölf Jahren hatte er Draco Malfoy nicht mehr gesehen und auch nicht mehr an ihn gedacht, doch jetzt war es eine seltsame Situation. Am meisten irritierte ihn allerdings die Tatsache, dass er gegenüber Malfoy keinerlei Hass mehr empfand und ihn gleichzeitig als attraktiven Mann ansah.
„Malfoy“, flüsterte er, schluckte merklich und glaubte sich für einen kurzen Moment in einem Traum. In einem Traum, in dem einem alles so unwirklich und dennoch so vertraut vorkam.
„Harry … Dad …“, rief es plötzlich über seiner Schulter und eine kleinere Hand griff nach seiner. Wissend, wer ihn berührte, wanderte sein Blick zur Seite und sah dort seinem lächelnden Sohn in die grünen Augen. „Dad, kommst du?“
„Harry, wo bist du nur mit deinen Gedanken“, lachte Hermine daraufhin und nahm seine andere Hand in die ihre, um Vater und Sohn zum Wagon zu führen.
„Malfoy … da drüben“, bedeutete Harry allerdings und schaute in die Richtung ihres frühren Mitschülers.
„Was?“, fragte Hermine überrascht, fasste sich jedoch sofort wieder und ehe sie etwas sagte, schickte sie Albus zurück zu Rose und Ron, mit dem Versprechen so schnell wie möglich mit seinem Vater zu ihnen zu kommen. Als beide schließlich alleine waren, folgte sie Harrys Blick und musterte die dreiköpfige Familie.
Draco Malfoy stand stolz, aber nicht so unnahbar und arrogant wirkend wie einst, neben einer attraktiven blonden Frau, deren schlanker und wohlgeformter Körper in einem nicht weniger wunderschönen slytheringrünen Seidenkleid steckte. Darüber trug sie einen schwarzen Samtumhang und ihre Haare waren kunstvoll frisiert worden. Aber so schön wie diese Frau aussah, so kalt und absolut gefühllos wirkte sie.
Draco Malfoy trug, genauso wie seine Ehefrau einen samtnen, schwarzen Umhang, der am Hals zugeknöpft war. Darunter lugte jedoch deutlich ein teurer und gut geschnittener Maßanzug hervor. Er hielt einen Jungen an der Hand, der seinem Vater von einst im selben Alter unheimlich ähnelte, doch ihm fehlte gänzlich das arrogante Auftreten des Blonden von damals.
„Ich hätte nicht gedacht ihn hier zu sehen“, sprach Hermine nach ihrer sorgfältigen Musterung.
„Ganz ehrlich …“, erwiderte er mit einem komischen Gefühl im Magen, welches er nicht einzuschätzen wusste. „All die Jahre hab ich nicht mehr an ihn gedacht. Das letzte Mal sah ich ihn und seine Eltern bei den Gerichtsverhandlungen und das ist schon lange her. Ich wusste auch gar nicht …“, plötzlich stockte er, als ihm bewusst wurde, was er sagen wollte und fand es äußerst seltsam.
„Dass Malfoy verheiratet ist und einen Sohn hat?“, half ihm Hermine aus und als Antwort konnte er nur nicken. „Harry … seine Hochzeit war damals eine Sonderausgabe des Tagespropheten wert. Hast du da hinter dem Mond gelebt?“
„Sieht wohl so aus“, und Harry schüttelte leicht verwirrt den Kopf. „Es ist … ach quatsch … ich find nur, er ist so anders … irgendwie … na ja, er sieht freundlicher aus“, stammelte er, um dann flüssiger weiter zu sprechen. „Außerdem hätte ich nie gedacht, dass er einen Sohn hat.“
„Scorpius Malfoy geht dieses Jahr nach Hogwarts“, antwortete Hermine und sah ihrem Freund direkt ins Gesicht, „und ist genauso alt wie Albus und Rose.“
„Du weißt aber ganz schön viel über ihn.“
„Ich lese Zeitung, mehr nicht“, lächelte Hermine und amüsierte sich köstlich über Harrys Reaktion, doch als sie erneut zu ihrem früheren Mitschüler blicken wollte, starrte sie stattdessen total perplex in zwei sturmgraue Augen.
„Granger …“, sprach eine ernste Stimme und brachte Harry dazu erstaunt herum zu fahren, um plötzlich in Dracos sturmgraue Seelenspiegel zu blicken.
„Malfoy“, antwortete Hermine ruhig.
„Potter …“, wandte sich währenddessen Draco an Harry, nachdem er der einstigen Gryffindor ein wenig gezwungen zugenickt und sie den Gruß mit einem leichten Zurücknicken quittiert hatte. „Potter, ich wollte dir sagen, wenn du nicht gewesen wärst, würden wir zwei heute hier nicht stehen.“
Irritiert und mit leicht aufgerissenen Augen fixierte Harry sein Gegenüber, als würden kleine, grüne Männchen in gescheckten Unterhosen und Ballerinaschuhen einen Breakdance zum Wiener Walzer aufführen. Hatte er sich vielleicht verhört, oder aber Draco Malfoy – der frühere Eisprinz von Slytherin – hatte sich eben wirklich bei ihm bedankt? Seine Vermutung, dass er träumte, verhärtete sich dabei zusehends, bis ihn eine Jungenstimme aus seiner Sprachlosigkeit riss.
„Vater, der Zug fährt gleich ab, wir müssen uns beeilen.“
Kaum waren diese Worte leise verklungen, bemerkte Harry den blonden Jungen an Draco Malfoys Hand, der ein wenig nervös zu seinem Vater hoch schaute. Scorpius, wie ihm der Name sofort wieder einfiel, schien aufgeregt zu sein und doch kam er ihm sogar schüchtern vor.
„Ja, Scorpius … sofort“, antwortete Draco an seinen Sohn gerichtet, dann sah er wieder Harry ins Gesicht und schwieg.
Der Schwarzhaarige beobachtete den Blonden und rätselte im Stillen, auf was Malfoy noch wartete, bis es ihm schlagartig einfiel. „Ähm … also kein Thema“, gab er murmelnd zurück und fühlte sich kurzzeitig in seine Schulzeit zurückversetzt. Doch gleichzeitig war es anders und er mutmaßte, dass es wohl an der Tatsache lag, dass er mit dieser Begegnung niemals gerechnet hätte. Ebenso wenig, dass sich sein früherer Feind auch noch bei ihm entschuldigt hatte. In seinem Kopf begannen daraufhin die Gedanken herumzuwirbeln und er hatte das untrügliche Gefühl, als würde der Osterhase mit dem Weihnachtsmann in einer Disco eine heiße Nummer aufs Parkett legen. Genauso unwahrscheinlich empfand er die Worte, die eine Sekunde später zu seinem Verstand vordrangen.
„Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag, Potter“, verabschiedete sich Draco in einem toleranten Tonfall – ohne Spott und ohne Überheblichkeit – nickte Harry dabei nochmals zu, sah dann Hermine an und setzte ein ebenso neutrales „Granger“ hinzu. Mit seinem Sohn lief er schließlich zurück zu seiner wartenden Frau. Sie wiederum wirkte ganz und gar nicht erfreut, was sie mit einem eisigen Blick und zusammengepressten Lippen in Richtung der zwei ehemaligen Hogwartsschüler unterstrich.
„Die sieht aus, als wäre die Milch sauer“, brach Hermine das Schweigen und versuchte nicht über das eben Geschehene nachzudenken. „Aber komm jetzt, der Zug fährt gleich ab.“
„Ich find, die sieht eher wie eine eifersüchtige Primadonna aus“, meinte Harry grinsend und machte auf dem Absatz kehrt. Er verdrängte Malfoy aus seinem Kopf und sein winkender Sohn brachte ihn vollständig in die Gegenwart zurück. „Lass uns gehen.“
Hermine folgte ihm lächelnd auf dem Fuß und nachdem sie beide dem skeptisch dreinschauenden Ron alles erzählt hatten, der das Treffen aus der Ferne mit angesehen hatte, traten ihre Kinder in den Vordergrund. Mit Küsschen, reichlich viel Umarmungen und Ratschlägen aller Art im Gepäck, fuhren Albus und Rose pünktlich um elf Uhr vom Gleis 9 ¾ mit dem Hogwarts-Express in die Schule für Zaubererei und Hexerei.
~~~ ooo ~~~
Zwei Tage später saß Harry nach Feierabend mit einer Flasche Butterbier in der einen und mit einem Brief von Albus in der anderen Hand vor dem brennenden Kamin im Wohnzimmer in Godric`s Hollow. Ginny schlief ihren Rausch von der letzten Feier aus, wo auch immer sie gewesen und wann auch immer sie nach Hause gekommen war. Harry war das egal, für ihn zählte heute nur noch der Brief und dessen Inhalt.
Allerdings stand in den Zeilen etwas, was er noch nicht richtig fassen konnte und obwohl er ihn mindestens vier Mal gelesen hatte, las Harry ihn gleich noch ein fünftes Mal.
Lieber Dad!
Hogwarts ist fantastisch und tausend Mal cooler als in deinen Geschichten und in den Geschichten von Tante Hermine und Onkel Ron. Onkel Hagrid ist mit uns über den See gefahren. Der Sprechende Hut hat mich mit Rose tatsächlich nach Ravenclaw gesteckt (so, wie Tante Hermine es prophezeit hat), aber so schlimm finde ich es gar nicht. Ich wäre zwar viel lieber nach Gryffindor gegangen, aber hier hab ich schon einen tollen Freund gefunden.
Erinnerst du dich noch an den blonden Jungen vom Bahnsteig? Er heißt Scorpius – Scorpius Malfoy. Scorpius hat mir erzählt, dass du mit seinem Vater in der Schule warst. Ist Scorpius Vater nicht der Mitschüler, den du früher nicht leiden konntest?
Ich mach mal Schluss, Rose nervt und will mit Scorpius und mir in die Bibliothek.
Hab dich lieb!
Dein Albus
P.S. Gib Mum einen Kuss von mir.Harry starrte auf den Brief und trank nebenher seine Butterbierflasche leer. Hatte er irgendwas getan, wofür er erst jetzt die Rechnung bekam? In seinem Kopf wirbelten daher Bilder aus seiner Schulzeit herum und am Ende kreisten sie einzig und alleine um Draco Malfoy.
Draco Malfoy, der ihn damals immer wieder provoziert hatte.
Draco Malfoy, der ihn früher im Zug angegriffen und verletzt hatte.
Draco Malfoy, der zu seinem Seelenheil Albus Dumbledore nicht hatte töten können und Harry und seine Freunde in Malfoy Manor nicht verraten hatte.
Genau jener Draco Malfoy, den er im Raum der Wünsche gerettet und der sich vor zwei Tagen dafür bedankt hatte.
Aber warum kam das ‚Danke’ erst nach so langer Zeit?
Seufzend schüttelte Harry den Kopf, stellte die Butterbierflasche zur Seite, daneben legte er Albus’ Brief und sank dann mit geschlossenen Augen zurück in den gemütlichen Sessel. Er lauschte dabei dem Knistern des Kaminfeuers und dachte sorgfältig nach.
Zum einen freute er sich für seinen Sohn und Rose, dass sie nach Ravenclaw eingeteilt worden waren, obwohl ihm Gryffindor selbstverständlich besser gefallen hätte. Doch sein Sohn – der Sohn des Retters der Zaubererwelt – hatte sich mit dem Sohn seines einstigen Feindes angefreundet. Ging das denn überhaupt gut? Was dachte eigentlich Malfoy darüber? Wusste er eigentlich über diese recht seltsame Freundschaft schon Bescheid? Diese und viele weitere Fragen huschten durch seinen Verstand, bis er am Ende die Augen öffnete und entschlossen ins Feuer starrte. Vielleicht hatte er eben eine Lösung gefunden, um sich zum einen selbst beruhigen zu können, oder aber er würde sich zum absoluten Volltrottel machen.
Ganz egal was unterem Strich heraus kam, wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
~~~ ooo ~~~
Einen Abend später tauchte Harry mit einem Plopp auf der Türschwelle von Malfoy Manor wieder auf. Niemals hätte er gedacht in seinem Leben dieses Anwesen nochmals zu betreten, oder sogar durch die hohe, massive Kirschholztür zu gehen, deren Türklopfer in Form einer sich windenden Schlage ihn geradewegs anstarrte. Harry musste schlucken und seine aufwallenden Gefühle und Gedanken beiseite schieben. Kein Fenrir Greyback hatte ihn mehr in seinen Klauen, keine wahnsinnige Bellatrix Lestrange folterte Hermine und kein Todesser würde ihn mit seinen Freunden in den finsteren Kerker einsperren. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass ein eiskalter Schauer seinen Körper erfasste und eine unheimliche Gänsehaut ihn kurzzeitig erzittern ließ.
Erst nach einigen Minuten hatte er sich einigermaßen im Griff und erinnerte sich an den Grund seines Besuches. Dabei verdrängte er die grausamen Bilder der Vergangenheit, straffte seine Schultern und hob die Hand zum Türklopfer. Doch er hielt inne und senkte sie wieder. Seufzend überlegte er, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, hier und heute zu erscheinen. Allerdings hatte er gestern Abend selbst noch an Malfoy geschrieben und um ein offizielles Treffen gebeten. Natürlich hatte er die beginnende Freundschaft zwischen ihren Söhnen als Grund angegeben und zusätzlich erwähnt, dass ihn dieses Verhältnis zum einen überrascht, verwirrt und nachdenklich gemacht hatte. Innerhalb der nächsten Stunde hatte er eine Antwort bekommen, in der ihn Draco Malfoy für heute um acht Uhr abends nach Malfoy Manor eingeladen hatte.
Jetzt stand er hier und sein stets hoch gelobter Gryffindormut war in den hintersten Winkel seiner Eingeweide versunken und wollte ihm einfach nicht helfen. Aber wenn er jetzt kniff, würde ihn die ganze Sache und die damit verbundenen vielen Fragen so lange quälen, bis er es letztendlich doch tun musste. Daraufhin seufzte er nochmals und klopfte schließlich nervös an.
Es dauerte einige Momente, da öffnete sich die große Eingangstür und er wurde plötzlich von einem atemberaubenden Anblick gefangen genommen. Das Innere hatte sich seit damals deutlich verändert. Alles war hell und freundlich gestaltet. Der Boden der Eingangshalle bestand aus hellen Bodenplatten. Die Wände waren weiß getüncht und die alten Portraitbilder der Zaubererfamilie waren durch schöne Landschaftsbilder ersetzt worden und setzten angenehme Akzente. Eine große Treppe führte links und rechts in den zweiten Stock und jede Stufe war von einem grünen Teppich mit silbernen Ornamenten verziert. An der hohen Decke spendete ein riesiger Kristallleuchter reichlich Licht.
„Harry Potter, Sir“, quiekte eine leise Stimme und riss Harry aus seinem Staunen. „Harry Potter … Sir … Master Draco erwarten euch, Sir. Ihr bitte Neen folgen. Ich bringen euch in den Salon, Harry Potter, Sir.“
Harry schaute zu der kleinen Elfe hinunter, nickte und unterdrückte ein amüsiertes Kichern, als Neen ihn mit glänzend großen Augen ansah, tapsig zur Seite trat und dann ihr kleines Köpfchen mit der Nase und den großen Ohren neigte, die dabei seltsam wackelten. Kurz darauf stand er in der Empfangshalle, wo sein dennoch geräumiger Flur in Godric`s Hollow dagegen wie eine Besenkammer wirkte.
„Sir … Harry Potter, Sir“, machte die kleine Hauselfe wieder auf sich aufmerksam. „Bitte folgen sie Neen. Master Draco warten auf großen Helden.“
Diese letzten Worte ließen ihn stutzig werden und plötzlich fiel ihm ein Detail auf, was ihn sichtlich verwirrt den Atem raubte. Neen trug Kleidung! Doch leider fehlte ihm die Zeit, um genauer darüber nachzudenken und ehe er sich versah, stand er an der geöffneten Tür zum Salon. Neugierig und aufgeregt spielte Harry hinter seinem Rücken mit den Fingern und beobachtete gleichzeitig Draco Malfoy, der auf ihn zukam. Aber der Anblick des Blonden ließ ihn nur noch sprachloser werden.
Draco trug eine schwarze Jeans, passend dazu dunkle Sneakers und darüber ein enges, ebenfalls schwarzes Hemd mit silbernen Stickereien darauf. Seine blonden Haare waren ein wenig verstrubbelt und als wäre es nicht genug, strahlte sein Gesicht und vor allem seine sturmgrauen Augen versprühten eine angenehme Wärme.
„Danke Neen, du darfst Feierabend machen“, wandte sich Draco an die Elfe, die daraufhin fröhlich mit dem Köpfchen nickte, anschließend fixierte er Harry.
Auch Draco war überrascht über sein Gegenüber, doch ließ er sich äußerlich nichts anmerken und deutete indes mit der Hand zu einem gemütlich aussehendem weißen Ledersofa. Draco wusste gleichzeitig, dass Harry alles, nur das nicht erwartet hatte, was er wiederum sehr gut fand und während Harry der Aufforderung nachkam, musterte Draco seinen Gast interessiert.
Harrys einst ungebändigte schwarze Haarmähne war sichtlich gekürzt worden und damit wirkte er erwachsen und gleichzeitig wie ein frecher Junge zugleich. Seine verwaschene Bluejeans und das kirschrote Hemd brachten perfekt seinen recht durchtrainierten Körper zur Geltung und mit den dunklen Turnschuhen gab er allem in allem ein gutes Bild ab. Auf der rechten Seite lugte der Griff seines Zauberstabes aus der Hosentasche hervor, genauso wie früher, was Draco kurzzeitig zum Schmunzeln brachte, nur um dann wieder ernst zu werden.
Trotz dieser kleinen Tatsache, sah Harry ganz anders aus, wie Draco ihn in Erinnerung hatte, als sie noch gemeinsam in Hogwarts waren – auch anderes, als vor einigen Tagen auf dem Bahnsteig.
„Möchtest du etwas trinken, Potter?“, fragte Draco, nachdem Harry saß und er selbst neben dem Fenster vor einer kleinen Bar stand und zwei Bleikristallgläser vor sich hinstellte.
„Ja, am besten einen Feuerwhisky“, antwortete er leise und hoffte, der Alkohol würde ihm helfen, seine Nervosität ein bisschen besser in den Griff zu bekommen.
Genauso dachte auch Draco, der vor einer Woche es niemals zu hoffen gewagt hatte, jemals über seinen Schatten springen zu können, um sich für die Rettungsaktion in der Endschlacht zu bedanken. Ebenso hatte er es niemals für möglich gehalten, dem berühmten Harry Potter ohne Hassgefühle oder Hintergedanken einmal entgegentreten zu können.
„Lass ihn dir schmecken“, sagte Draco höflich, drückte Harry ein gefülltes Feuerwhiskyglas in die Hand und setzte sich auf einen weißen Sessel seinem Gast gegenüber.
Harry nahm einen kräftigen Schluck und spürte augenblicklich, wie die bernsteinfarbene Flüssigkeit brennend seine Kehle herunter rann und in seinem Magen schlagartig ein wildes Feuerwerk verursachte. Rasch schloss er die Augen und verzog sein Gesicht.
„Ich hätte dich warnen sollen …“, lachte Draco ohne Anzeichen von Schadenfreude, „… das Zeug hier ist kein billiger Fusel. Der hat fast fünfzig Jahre gereift.“
„Danke, dass du es mir jetzt erst sagst“, gab Harry hustend zurück und wollte Draco schon böse anfunkeln, aber dem Anblick eines lachenden Blonden konnte er nicht standhalten und fiel mit ein. So herzlich und freundlich kannte er den einstigen Slytherin nicht, wobei eine ungewöhnliche Neugier an seinen Nerven nagte.
„Jeder, der das erste Glas austrinkt, schafft auch ein zweites“, erklärte Draco, als sich beide wieder beruhig hatten. „Alte Familientradition … aber eine sehr köstliche noch dazu.“
Harry nickte grinsend und spürte, dass dieses Treffen vermutlich anders ablaufen würde, wie er es sich ursprünglich ausgemalt hatte. Denn der Mann, der vor ihm saß, war definitiv nicht der Draco Malfoy, den er kannte. Vor sich sah er vielmehr einen Mann, der wie er selbst war. Zudem empfand er keinerlei negative Gefühle für ihn, sondern war plötzlich ganz erpicht darauf, Draco Malfoy kennen zu lernen.
Dass der Blonde die gesamte Situation ebenfalls genauso betrachtete wie Harry, ließ er sich jedoch nicht anmerken und begann das Gespräch sofort mit dem Thema, welches beide zusammengeführt hatte.
„Also ist dein Sohn auch in Ravenclaw“, sagte er mit neutralem Unterton und sah seinem Gegenüber interessiert in die smaragdgrünen Augen, die ihn für einen kurzen Moment wegen des abrupten Themenwechsel verdattert beäugten, doch dann wissend glänzend. „Ich muss schon sagen, Scorpius hat mich mit dieser Nachricht ganz schön erschreckt.“
„Ich bin stolz auf Albus und Ravenclaw ist keine schlechte Wahl“, bedeutete Harry hastig hinterher.
„Da hast du vielleicht Recht, Potter …“
„Harry … nenn mich Harry“, warf der Schwarzhaarige lächelnd ein. „Sind wir nicht schon zu alt für dieses Spielchen?“ Harrys Gryffindormut war mit einem Schlag wieder da.
Draco musterte ihn für wenige Sekunden eingehend und meinte schmunzelnd. „Ja, damit hast du auch Recht … Harry.“ Dann machte er eine Pause und sprach nachdenklich weiter. „Kann es eigentlich sein, dass dein Sohn nichts von unseren damaligen Streitigkeiten weiß?“
„Albus … mein Sohn heißt Albus“, klärte Harry den Blonden auf und erinnerte sich selbst an den Brief seines Sohnes zurück. „Aber bei Scorpius scheint es nicht anders zu sein.“
„Wohl wahr“, bejahte Draco und nahm einen Schluck aus seinem Whiskyglas, um anschließend in das knisternde Feuer zu blicken. „Wenn ich ehrlich bin, sah ich keinen Sinn darin, Scorpius aufzuhetzen … nicht … also nicht, nachdem du …“, dann schaute er auf und Harry direkt ins Gesicht, „… du hast einem egoistischen Arsch damals das Leben gerettet und meine Mutter dir. Wärst du nicht gewesen … vielleicht hätte ich die letzte Schlacht niemals überlebt und das wissen wir beide.“
Harry schluckte merklich und versuchte einen wachsenden Kloß herunter zu schlucken, der sich bei diesen Worten in seinem Hals gebildet hatte. Zum einen, weil er Draco Malfoy noch niemals so hatte reden hören und zum anderen schien er aus seinen eigenen Fehler tatsächlich etwas gelernt zu haben.
„Ich muss … also …“, fuhr Draco zögerlich fort, denn was nun folgen würde, wollte er schon immer loswerden, doch er hatte sich bisher nie getraut. „Ganz ehrlich, ich wusste damals nicht einmal, dass mein Vater auf der Seite von Dumbledore stand. Dumbledore hat ihn erst in Askaban auf eure … also unsere Seite … gezogen und nicht einmal gegenüber meiner Mutter hatte er es gewagt etwas zu erwähnen. Nur Professor Snape kannte die Wahrheit und er hat sie mir erst erzählt, kurz bevor ich auf den Astronomieturm gestiegen bin. Sie haben mich absichtlich im Dunkeln gelassen, damit der Dunkle Lord nichts von mir erfährt, obwohl mir Professor Snape einen Sommer zuvor Okklumentik beigebracht hatte.“
Nachdem er geendet hatte, schwiegen beide und Harry leerte sein Glas diesmal ohne Husten und spürte, wie ihm der Alkohol gut tat. Schließlich räusperte er sich und beobachtete Draco, der nun nervös mit dem Kristallglas zwischen den Fingern spielte und dabei den hellen Teppich fixierte.
„Das sind sehr interessante Neuigkeiten und eines weiß ich ganz genau, du musst dir darüber nicht mehr den Kopf zerbrechen. Aber trotzdem bin ich froh, dass du es mir gesagt hast, auch wenn du es nicht musstest.“
Daraufhin sahen sich beide tief in die Augen und konnten die Wahrheit hinter ihren Worten sehr deutlich herauslesen. Dann lachten sie leise auf und Draco schenkte ihnen nochmals ein Glas Feuerwhisky ein.
„Eines hab ich dir aber noch nicht gesagt“, meinte der Blonde nach einer kurzen Weile und Harry wirkte sehr neugierig. „Ich wollte schon immer dein Freund sein, doch die Umstände wollten wohl nie, dass wir uns näher kennen lernen durften.“
„Nein, nicht wirklich …“, antwortete Harry und zählte ihm anschließend die Gründe auf - und aus einem ihm noch unerfindlichen Antrieb - wie er selbst Draco in ihrer gemeinsamen Schulzeit immer gesehen hatte. Er fing beim ersten Schuljahr an und endete in der großen Halle von Hogwarts, wo er auch zum letzten Mal bewusst die Familie Malfoy getroffen und lediglich mit Narzissa gesprochen hatte.
„Ich bin zwar ein wenig geschockt …“, sprach Draco, nachdem er sich alles in Ruhe angehört hatte, „… und ich gebe zu, unter diesen Umständen hätte ich auch keine Freundschaft mit mir selbst gewollt.“ Dann lachte er über seine eigenen Worte und Harry fiel mit ein. „Mein Vater hat mir immer so viel erzählt, dass ich am Ende gar nicht mehr richtig wusste, wo oben und unten ist. Natürlich ist das keine Entschuldigung und … nun ja … wie soll ich mich ausdrücken …“, er brach plötzlich ab, biss sich nervös auf die Unterlippe und holte tief Luft.
Harry wartete währenddessen ab und war mehr als positiv überrascht, über dieses heutige Treffen, das immer mehr in eine andere Richtung verlief, als gedacht.
„Also … ich sage es am besten, wie es ist …“, stammelte Draco ungewohnt und suchte zum wiederholten Mal den Augenkontakt zu Harry. „Als ich deinen Brief bekommen habe, stand genau das drin, was ich gedacht hatte, nur du warst schneller. Außerdem … auch wenn es sich vermutlich kindisch anhört … aber ich glaube, die beginnende Freundschaft zwischen Scorpius und Albus ist ein Zeichen.“
Jetzt war es endgültig heraus und Draco fühlte sich mit einem Mal erleichtert und ein großer Stein fiel ihm vom Herzen.
Harry saß da und dachte sorgfältig über Dracos Aussage nach und konnte dem nichts mehr hinzufügen. Dennoch antwortete er nach einigen Momenten: „Ich weiß nicht, ob ich mit dem, was ich dir jetzt sage auf dem richtigen Weg bin, aber ich höre viel eher auf meine Gefühle und nicht auf meinen Verstand, obwohl in diesem Fall mir beide das Gleiche sagen.“ Dabei schaute er Draco an, der nun sehr wissbegierig lauschte. „Ganz ehrlich … zwölf Jahre hab ich kein einziges Mal an dich gedacht, du warst mir egal. Aber als ich dich auf dem Bahnsteig sah und Hermine erzählte, du wärst verheiratet und der Junge wäre dein Sohn, war ich wirklich überrascht. Nicht nur, weil wir uns nach so langer Zeit wieder gesehen haben, sondern weil ich irgendwie etwas ganz anderes erwartet hab. Aber bitte … frag mich nicht was. Außerdem hatte ich absolut keine Hassgefühle dir gegenüber. Es war, als hätte wir uns vor ein paar Tagen das erste Mal getroffen.“
Wieder schwiegen beide und dann war es Draco, der als Erster seine Sprache fand. „Ich bin total überwältigt, denn wer hätte jemals gedacht, dass wir einmal so ein Gespräch führen könnten.“
„Wahrscheinlich niemand und doch bereue ich es nicht, dass ich dir geschrieben und heute Abend zu dir gekommen bin“, gab Harry ehrlich zu und lächelte.
„Und ich freue mich, dass du gekommen bist“, grinste Draco und seine Gesichtszüge nahmen einen zufriedenen Ausdruck an. „Und ich muss dir noch sagen, seit der Schule hast du dich ganz schön verändert. Du siehst … nun ja, nicht mehr wie der kleine Junge aus, sondern wie ein richtig attraktiver Mann.“
„Ich bin ein Mann, ein Vater und bin dieses Jahr Dreißig geworden“, antwortete Harry prompt, ohne auf den letzten Teil von Dracos Satz einzugehen. Er freute sich zwar über das Kompliment, wusste aber nichts damit anzufangen, zumindest nicht in diesem Moment. „Du siehst auch anders aus, als ich dich in Erinnerung hab. Nicht mehr so steif und elegant … mehr moderner.
„Tja … auch Malfoys gehen mit der Mode“, feixte Draco und nahm Harrys Kompliment gerne entgegen. Schließlich fasste er sich ein Herz und sprach das aus, was ihm seit dem gestrigen Brief immer wieder durch den Kopf geisterte. „Aber was hältst du von einer Freundschaft, Harry? Unsere Söhne machen es uns vor.“
Erstaunt starrte Harry sein Gegenüber an und er fand augenblicklich Gefallen an diesem Vorschlag. Daher benötigte er auch nicht lange, als er bejahend nickte. Auf einen Versuch kam es an und wenn er es nicht tat, wusste er auch nicht, was am Ende herauskam.
„Waffenstillstand und Freundschaft“, freute sich Draco sichtlich und stand auf. „Ich möchte dich gerne kennen lernen, Harry Potter.“ Anschließend reichte er dem ehemaligen Gryffindor seine Hand und wartete gespannt.
Auch Harry erhob sich vom Ledersofa, schlug ein und sagte: „Waffenstillstand und Freunde und ich freue mich darauf, dich kennen zu lernen, Draco Malfoy.“
Beide schüttelten die Hand und ganz überraschend zog Draco Harry in eine freundschaftliche Umarmung, sie war herzlich und für Harry alles andere als unerwünscht. Daher erwiderte er die Umarmung und hörte nebenher Draco in sein Ohr flüstern: „Ein Gryffindor und ein Slytherin … das wird sicherlich lustig.“
Harry wollte gerade erwidern, dass er sehr neugierig war, mehr von Draco zu erfahren, da riss ihn eine keifende Frauenstimme aus seiner zufriedenen Stimmung und der Blonde löste sich plötzlich sehr nervös aus Harrys Armen.
„Du bist widerlich!“, schnaubte Astoria Malfoy, die im Türrahmen zum Salon aufgetaucht war und schaute mit funkelnden Augen zu den beiden Männern hinüber, die rasch auseinander fuhren. „Reicht dir deine Hotelsuite nicht mehr aus? Musst du jetzt deine Eroberungen nach Hause bringen? Ich bin nur froh, dass mein Sohn das nicht mit ansehen muss.“
„Unser Sohn, Astoria“, gab Draco in alter Malfoymanier zurück und wirkte von einer Sekunde zur anderen so eisig, wie Harry ihn aus Hogwarts kannte, was ihm wiederum einen kalten Schauer über den Rücken jagte. „Scorpius ist auch mein Sohn, vergiss das niemals!“
„Du warst an der Entstehung zwar körperlich dabei, aber …“, erwiderte Astoria mit triefendem Sarkasmus, wurde jedoch von Draco barsch unterbrochen.
„Hör’ auf … hör’ verdammt noch mal auf!“, und er überbrückte die kurze Entfernung zwischen sich und seiner Frau mit großen Schritten. „Wir haben Besuch und für deine Launen hab ich heute keinen Nerv.“ Dann packte er sie am Arm und zog sie bestimmend hinaus in den Flur, doch bevor er die Tür hinter sich schloss, drehte er sich um und entschuldigte sich kurz bei Harry.
Harry blieb wie angewurzelt stehen und versuchte sich einen Reim aus dem Zusammentreffen mit Dracos Ehefrau zu machen. Eines wurde ihm sofort klar, diese Ehe war definitiv nicht harmonisch und erinnerte ihn gleichzeitig an Ginny. Sie war entweder wieder mit einem anderen Mann auf irgendeiner Party und soff sich zu, um am Ende vermutlich die Nacht nicht nach Hause zu kommen. Dieser Gedanke ließ ihn laut seufzen, als ihn die lauten Stimmen vor der Tür aufmerksam machten.
Draußen stand Draco mit zusammen gepressten Lippen und mit bebenden Schultern vor seiner Frau. Seine sturmgrauen Augen fixierten sie böswillig, wobei Astoria ihm in nichts nachstand. Ihre Hände hatte sie in die Hüfte gestemmt und starrte Draco hasserfüllt an.
„Lass Scorpius aus dem Spiel“, fing Draco aufgebracht an, denn er liebte seinen Sohn über alles und war in den letzten elf Jahren mehr für ihn da gewesen, als seine eigene Mutter, die vor allem das Prestige an der Seite ihres Mannes genoss. „Er ist genauso mein Sohn, wie deiner und ich liebe ihn … ich liebe ihn mehr, als irgendetwas anderes auf der Welt und wage es nicht …“
„Du liebst doch nur Männerärsche …“, geiferte sie zurück und ließ ihn nicht aussprechen. „Du bist eine ekelhafte Schwuchtel, nichts weiter. Wenn unsere Ehe nicht arrangiert gewesen wäre, ich hätte dich bestimmt niemals auch nur im Leben angefasst. Du bist abstoßend und steckst deine Finger in die Scheiße anderer und findest das auch noch …“
„HÖR’ AUF!“, unterbrach er sie lautstark und kam ihr einen Schritt näher, während sie einen Schritt nach hinten tat. „HÖR’ VERFLUCHT NOCH MAL AUF! Die einzige Person, die geschmacklos ist, bist du und das weißt du auch. Ich bin nur noch bei dir und ertrage deine Beschimpfungen wegen Scorpius. Er hat eine andere … bessere Mutter verdient.“
„Ach … kommen wir jetzt wieder damit“, antwortete sie plötzlich mit süßlichem Unterton, der Draco verriet, dass sie nichts Gutes im Schilde führte, doch von Astoria war er es, seit sie sich kannten, nichts anderes gewöhnt. „Ich hab dich mit Matthew im Bett erwischt. Das war ein Schock, dich und ihn zusammen zu sehen, dein Gestöhne hören zu müssen und …“
„Und du wusstest von Anfang an, dass ich keine Frauen lieben kann“, bedeutete er und ballte nun wütend seine Hände zu Fäusten. Dabei musste er stark an sich halten, dass er nicht noch andere Dinge von sich gab. Stattdessen sagte Draco: „Ich hatte es damals meinen Eltern gesagt und sie kannten die Wahrheit. Sie wussten, dass ich Männer bevorzuge, also wirf mir das nicht ständig vor, denn du wusstest auch davon und zwar vor unserer Heirat.“
„Ich hab’s aber gesehen!“
„Es hat ja auch niemand zu dir gesagt, dass du in mein Schlafzimmer kommen sollst“, platzte es aus Draco heraus, der nun wirklich zornig war. „Außerdem warst du wohl diejenige, die sich im Wohnzimmer mit diesem Joshua vergnügt hat, während Scorpius oben schlief. Also erzähl mir nicht, ich wäre widerlich.“
Kaum waren die Worte ausgesprochen, wandte er sich um und zeigte Astoria so an, dass für ihn dieses Gespräch beendet war. Eilig ging er zur Salontür zurück, doch bevor er wieder zu Harry eintrat, sah er über seine Schulter und meinte mit frostiger Stimme: „Lass mich gefälligst in Ruhe und ich will dich heute Abend nicht mehr sehen. Geh zu deinem Joshua und fall ihm in seine Arme, oder tut sonst was.“
Kurz darauf verschwand Draco im Salon und kam immer noch sichtlich aufgebracht zu Harry zurück, der nervös auf dem Sofa saß und seine Finger knetete. Er hatte alles von dem Streit mitbekommen. „Harry … ich wollte nicht …“, stammelte Draco leise und mit gesenktem Kopf, wobei er versuchte nicht an Astoria und ihre Worte zu denken. Doch gegenüber Harry empfand er die Situation plötzlich äußerst peinlich und sehr persönlich noch dazu.
„Ich werde dann mal gehen“, seufzte Harry, stand auf und lief langsam in Richtung Tür. „Es … also ich hab mich gefreut mit dir reden zu können. Vielleicht … nun ja … also bis dann mal“, stotterte der Schwarzhaarige nicht weniger unangenehm berührt. Er hatte eben Dinge erfahren, die er nicht hätte hören sollen und von der freudigen Stimmung war nichts mehr übrig.
„Okay“, kam es kaum hörbar von Draco zurück. „Meinst du … ähm … hättest du vielleicht irgendwann Lust … ich meine …“
„Wir können uns gerne noch mal treffen“, half ihm Harry und spürte sein Herz dabei schneller schlagen. „Am besten schreiben wir uns.“
Draco schluckte merklich, hob den Blick und nickte lediglich. Einen Moment später war Harry hinausgegangen und apparierte draußen im Freien zurück nach Godric`s Hollow.
~~~ ooo ~~~
Drei Abende später stand Harry in seinem Hausflur vor einem mannshohen Spiegel und betrachtete aufmerksam sein Spiegelbild. Heute trug er eine schwarze Jeans, ein marineblaues Hemd und schwarze Schuhe. Seinen Ehering hatte er in der Hosentasche gut verstaut, in der anderen steckte sein Zauberstab. Um seine kurzen Haare musste er sich nicht mehr kümmern. Immer wieder drehte er sich von einer Seite auf die andere und schaute sich am Ende tief in die smaragdgrünen Augen.
Heute würde er sich erneut mit Draco Malfoy treffen. Aber nicht bei ihm Zuhause, sondern in einem exklusiven Hotel mitten in Muggellondon. Die Adresse stand in dem Brief, welchen Draco gleich am nächsten Morgen nach ihrem ersten Treffen auf Malfoy Manor mit entschuldigenden Worten und einem sehr bissigen Uhu zu ihm geschickt hatte. Was er allerdings von Dracos sexueller Neigung und dem Treffpunkt halten sollte, wusste er nicht so genau. Zwei Nächte hatte er schon darüber gegrübelt und doch war er noch auf kein richtiges Ergebnis gekommen.
Es lag nicht an der Tatsache, dass Draco auf so beschämende Weise von seiner keifenden Ehefrau bloß gestellt worden war, sondern daran, dass sie beide etwas auf merkwürdige Art und Weise verband. Nicht nur ihre kaputten Ehen, sondern auch die Erfahrung mit Männern. Bei Harry war es jedoch ein wohlbehütetes Geheimnis. Niemand wusste es, nur er alleine. Er erinnerte sich wieder sehr genau daran, was damals geschehen war.
Nachdem Ginny sich immer mehr von ihm abgekapselt und schließlich zum zweiten Mal Fremdgegangen war, war Harry gemeinsam mit seinem alten Schulfreund und Arbeitskollegen Seamus Finnigan ausgegangen. Zusammen hatten sie ein paar Bars in Muggellondon unsicher gemacht und am Ende hatte sich Harry mit dem Iren in einer Gaybar wieder gefunden. Zuerst erschrocken, nichtsdestoweniger neugierig geworden, hatten sie dort einen Mai-Thai getrunken. Irgendwann war Seamus mit einem Mann verschwunden und hatte Harry damit sehr deutlich gemacht, welches Geschlecht er bevorzugte. Harry wiederum saß eine Weile alleine an der Theke, als plötzlich ein attraktiver, junger Mann – Draco nicht einmal unähnlich – neben ihm Platz genommen hatte. Nach anfänglichem Smalltalk und noch mehr Alkohol kam es zu einem Kuss und schließlich in einer dunkeln Nische zu einer wilden Fummelei. Doch das war auch schon alles gewesen und Harry hatte sich erst viele Tage später eingestanden, dass er dieses Erlebnis gerne noch einmal wiederholt hätte. Bisher war es aber nie mehr soweit gekommen und er tat auch nichts, um daran etwas zu ändern.
„Aber vielleicht kann mir Draco helfen“, flüsterte der Schwarzhaarige seinem Konterfei zu und schüttelte dann entschieden den Kopf.
Das war totaler Quatsch! Er wollte ja nichts von Draco, er wollte einfach nur eine Freundschaft zu dem Blonden aufbauen. Alles andere konnte und musste einfach warten. Vor allem, weil er sein kleines Geheimnis gerne noch länger für sich behalten wollte. Wenn sie sich vielleicht künftig besser kannten, konnte er ihn immer noch ausfragen. Aber vorerst versuchte Harry sich nur aufs Beobachten zu beschränken.
Schließlich betrachtete er sich ein letztes Mal im Spiegel und befand seine Aufmachung für das Hotel gut genug, um einige Momente später mit Dracos Brief in der Hand ganz in der Nähe des ‚Waldorf Hilton’ Hotels in einer Seitestraße wieder aufzutauchen. Mit schnellen Schritten machte er sich auf den Weg und nach zwanzig Minuten saß er auf einem weichen Sofa mit beigefarbenem Überzug mitten in einer riesigen Hotelsuite. Aus einer kleinen Stereoanlage klang leise Radiomusik, über einen Flachbildschirm flimmerten die Bilder des Nachrichtensenders BBC, dessen Ton jedoch auf lautlos gestellt war, und vor ihm stand eine Flasche Butterbier auf einem gläsernen Tisch. Wunderschöne Lampen tauchten das Zimmer in ruhiges Licht und Harry war fast schon neidisch. Aber nicht, weil er sich solch eine Suite nicht hätte leisten können, sondern weil er niemals auf die Idee gekommen war, sich solch eine Suite auch einmal zu mieten.
Während er darüber nachsann und dem Rhythmus des Liedes lauschte, dass der Radiosprecher als den Nummer Eins Hit des letzten Sommers angekündigt hatte, schielte er interessiert zur Seite und durch eine offene Tür, die geradewegs in das Schlafzimmer führte. Er erkannte von weitem ein gewaltiges Bett mit einem großen Kissenberg darauf und alles war, wie bereits im Wohnbereich, in angenehm hellen Cremefarben gehalten. Gleichzeitig drang das sanfte Rauschen der Dusche an sein Ohr, denn Draco hatte ihn mit den Worten „Ich brauch dringend eine Dusche, du kannst dir schon mal ein Butterbier nehmen“ begrüßt und war anschließend im Badezimmer verschwunden.
Noch während Harry Platz genommen hatte, ertappte er sich mehrmals bei dem Gedanken, ob Draco vor ihm Männerbesuch gehabt hatte. Gleichzeitig überlegte er, was Draco wohl mit dem Mann alles getan haben könnte.
„Ich bin gleich bei dir“, rief es plötzlich aus dem Bad und holte Harry zurück in die Gegenwart.
„Lass dir ruhig Zeit“, gab der Schwarzhaarige zurück und nahm einen kräftigen Schluck aus der Bierflasche. Danach starrte er auf den Fernseher und verfolgte einen Bericht über irgendeine merkwürdige Fischart im Atlantik.
„Da bin ich“, sagte Draco nur zwei Minuten später und tauchte in der Tür zum Schlafzimmer auf. Dort blieb er stehen und lächelte freundlich, während er deutlich Harrys musterten Blick auf sich spürte.
Der Blonde trug eine Bluejeans, ein dunkelgrünes Hemd, welches er nur bis zur Hälfte zugeknöpft hatte und barfuss kam er zu Harry hinüber. Dort setzte er sich neben ihm auf das Sofa und wuschelte sich einmal durch seine nassen Haare.
„Also … wenn du heute keine Zeit hattest … ich meine …“, begann der Schwarzhaarige stotternd und kam sich blöd vor. Daher räusperte er sich, sah nebenher Draco zu, der seine eigene Butterbierflasche öffnete und einen großen Schluck daraus trank. „Also, ich wollte dich nicht stören, wenn du verstehst.“
„Du störst doch nicht, ich habe dich doch eingeladen“, gab Draco sofort zurück und schaute sein Gegenüber fragend an. Dann erhellten sich seine Gesichtszüge und er verstand. „Du meinst, ich hatte Besuch?“
Harry nickte betreten und wünschte sich, er hätte besser den Mund gehalten.
Draco wiederum lächelte und sagte leise: „Keine Sorge, ich hatte keinen Besuch. Dafür musste ich mir heute den ganzen Tag blöde Anträge und Berichte durchlesen, die ich bis nächste Woche bearbeiten muss. Nicht wirklich sehr interessant und manchmal total langweilig.“
„Anträge?“ Harry war verwirrt.
„Na, bei meiner Arbeit, was denkst du denn?“
„Ahhh … jetzt versteh ich“, lachte Harry und schüttelte über seine eigene Dummheit den Kopf. „Was machst du denn? Und warum hast du ausgerechnet eine Suite in Muggellondon?“
Jetzt war es an Draco zu lachen und mit der Flasche in der Hand lehnte er sich gemütlich zurück, drehte seinen Kopf leicht zur Seite und sah Harry nicht weniger neugierig an, wie er ihn. „Ich bin Anwalt in der Rechtsabteilung des St. Mungos und das schon ziemlich lange“, erklärte Draco ruhig. „Außerdem habe ich mich nach Beendigung des Krieges viel mit den Muggeln beschäftigt und muss zugeben, dieser Teil von London fasziniert mich mehr, als ich dachte. Und viel wichtiger, hier habe ich meine Ruhe und …“, dann brach er plötzlich mitten im Satz ab und schaute auf den Fernseher. „Schon wieder nichts Interessantes drin.“
Harry wusste auch ohne die Ablenkung des Blonden, was dieser hatte sagen wollen und mit einem Mal hätte er gerne mehr davon erfahren. Gleichzeitig erinnerte er sich an den Streit vor drei Abenden zwischen Draco und Astoria zurück, in dem ihm mehr über das Leben des Blonden verraten wurde, als erwünscht. Schließlich spürte er die Röte ins Gesicht steigen und schwieg sich darüber aus.
„Was bist du denn von Beruf?“, kam ganz unverhofft die Frage von Draco und schenkte Harry wieder seine ganze Aufmerksamkeit. „Ich hab mal gehört, du bist Auror geworden. Doch seit der Presserummel um dich abgeflaut ist, bekommt man nicht mehr viel mit.“
Zuerst lächelte Harry, denn über diesen Umstand war er mehr als glücklich, dann antwortete er: „Ja, ich bin Auror, allerdings in einer Sonderabteilung, zusammen mit Seamus Finnigan und Angelina Johnson. Mehr darf ich darüber nicht sagen, aber es ist spannender, als die allgemeine Aurorenlaufbahn.“
„Dir ist aber schon klar, dass du mich damit neugierig machst?“
Harry nickte und prostete schließlich Draco zu und beide tranken ihre Flaschen leer. Es dauerte einige Augenblicke bis wieder einer von ihnen redete und diesmal war es Harry.
„Ich wollte nur sagen, mach dir keine Sorgen wegen dem, was ich zwischen dir und deiner Frau mitbekommen hab“, setzte er an und fragte sich erst jetzt, ob es klug von ihm war, dieses Thema erneut angeschnitten zu haben. Doch nun war es zu spät und daher sprach er hastig weiter, wobei er ein wenig beschämt auf den Boden sah. „Ich werde niemanden etwas verraten und …“
„Das weiß ich“, unterbrach ihn Draco leise. „Darüber mache ich mir auch keine Sorgen, doch hätte ich es mir gewünscht, es dir auf andere Weise zu sagen, wenn überhaupt. Obwohl es von meiner Seite nicht einmal ein Geheimnis ist, was jedoch nicht heißt, dass ich meine Neigung gleich jedem beim ersten Treffen auf die Nase binde. Vor allem dann nicht, wenn man sich quasi das erste Mal nach Jahren richtig unterhält.“
„Ja, das stimmt“, bedeutete Harry und war sichtlich erleichtert, dass er heil aus diesem Fettnäpfchen herauskam. „Und glaub mir, ich kann dir zumindest in einem Punkt wirklich nachfühlen.“
Ehe sich Harry versah, schilderte er Draco plötzlich von seinen eigenen Eheproblemen und es fühlte sich gut an. Der Grund warum er es tat, war, er hatte das untrügliche Gefühl es aussprechen zu müssen, ihm auch etwas Privates zu erzählen und zu seiner größten Überraschung hörte ihm Draco konzentriert zu.
„Du bist also tatsächlich mit der Wiesel verheiratet“, hörte Harry den Blonden antworten, nachdem er geendet hatte und sich sichtlich besser fühlte, den ganzen Frust und Ärger erzählt zu haben. „Ich dachte immer, es wäre diese Cho gewesen … aber da hab ich mich damals wohl verlesen. Und was gedenkst du jetzt zu tun?“
Harry schaute auf und Draco direkt in die sturmgrauen Augen, die ihn aufrichtig ansahen und ihn selbst kurzzeitig ein wenig verunsicherten. Doch dann fasste er sich wieder und meinte: „Was soll ich denn tun? Immerhin gibt es da Albus und ihm will ich bestimmt nicht wehtun.“
Draco seufzte wissend, denn das kam ihm nur all zu bekannt vor. „Also bleibt alles beim Alten und du lässt dir weiter auf deinen Gefühlen rumtrampeln.“
„Sieht wohl so aus“, antwortete Harry ebenfalls seufzend, „genau wie du. Aber hast du nicht einen Freund? Könntest du dich nicht scheiden lassen?“ Kaum waren die letzten zwei Fragen ausgesprochen, senkte Harry abermals den Blick, wurde rot und ohrfeigte sich gedanklich selbst, weil er das niemals hatte fragen wollen.
Draco lachte leise auf und besah sich sein Gegenüber ein wenig genauer. „Gib´s zu, du bist neugierig? Und ich spreche jetzt nicht von einer Scheidung, die momentan absolut nicht in Frage kommt.“
Harry fühlte sich schrecklich ertappt und wurde augenblicklich noch röter. Beschämt hielt er seinen Augen stur auf den Boden gerichtet und stammelte ein kaum hörbares „Ja“.
„Dir muss es nicht peinlich sein, ist es mir ja auch nicht“, grinste Draco breit, lehnte sich noch mehr auf dem gemütlichen Sofa zurück, drehte sich ein wenig seitlich und legte sein linkes Bein auf das Polster. Sein linker Ellenbogen wanderte auf die Lehne und dort bettete er seinen Kopf, während er jetzt mit leuchteten Augen Harry beobachtete. „Wenn du wirklich etwas wissen willst, Harry, dann möchte ich, dass du mich ansiehst und ich erzähl’s dir … Deal?“
Ruckartig hob Harry seinen Kopf und starrte plötzlich in das lachende Gesicht von Draco, als ihm bewusst wurde, dass der Blonde diese Worte eben absichtlich gesagt hatte. Wenn es gegangen wäre, wäre er auf der Stelle noch röter angelaufen, sein Herz schlug vor Nervosität, Neugierde und einer unbeschreiblichen Furcht schneller und er spürte, wie die Wissbegier immer stärker wurde.
„Ich kann mir denken, was dir durch dein hübsches Köpfchen schwirrt“, schmunzelte Draco und seine sturmgrauen Augen beobachteten den Schwarzhaarigen genau, der sich wohl und unwohl gleichzeitig fühlte. „Du bist unheimlich nervös … und mir geht es nicht anders, immerhin ist das erst unser zweites Treffen und ich möchte gerne so viel von dir wissen. Außerdem hast du Angst. Aber vor mir musst du keine Angst haben und auch nicht vor etwas anderem. Und wenn ich dich so sehe, würde ich behaupten, dein Interesse wächst und wächst.“
Überrascht riss Harry die Augen auf. „Du bist nicht zufällig Gedankenleser, oder?“
„Nein“, lachte Draco. „Aber ich kann in deinem Gesicht lesen, das konnte ich schon früher. Du bist wie ein offnes Buch und das mochte ich damals schon immer. Also, was willst du wissen?“
Harry überlegte wirklich und doch wusste er nicht, ob das hier und jetzt der richtige Augenblick war. Aber Draco hatte es eben selbst gesagt und er schien auch nicht abgeneigt davon zu sein. Daher setzte er sich jetzt gemütlicher auf das Sofa, während sein Gastgeber zwei Flaschen Butterbier herzauberte.
„Du sagst, du bevorzugst das männliche Geschlecht“, begann Harry leise, „dann … wie soll ich mich ausdrücken … wieso bleibst du dann bei deiner Frau? Nur wegen Scorpius? Weiß er denn davon?“
„Ohh … gleich so viel auf einmal“, schmunzelte Draco und kannte die Fragen nur zu gut. „Ich liebe Scorpius über alles und ja, er weiß es. Er selbst hat mir schon dieselbe Frage gestellt.“
„Wo liegt dann das Problem? Deine Eltern? Astoria?“
Darauf hatte Draco keine Antwort, stattdessen sagte er: „Da geht es mir wie dir, ich weiß es nicht und Scorpius möchte ich nicht wehtun.“ Er machte eine kurze Pause, bevor er weiter sprach. „Meinen letzten Freund hat Scorpius wirklich gemocht, doch er war nur auf mein Geld aus und hat sich mehr oder weniger von mir aushalten lassen. Vor einem Monat war schließlich Schluss und ich bin jetzt einfach nur froh, dass Scorpius in Hogwarts ist.“
Harry seufzte leise und Draco tat ihm plötzlich leid. Irgendwo tief ihn ihm sagte eine Stimme zu ihm, dass Draco auch sein Glück verdient hatte. Ebenso wünschte er sich ebenfalls sein eigenes Glück und Bilder seiner anfänglich wunderschönen Ehe kamen ihm in den Sinn. Er dachte an die Hochzeit zurück, an ihre ersten schönen Jahre und die Geburt von Albus, sein geliebter Albus.
So blieb er einige Minuten tief in Gedanken versunken sitzen und Draco erging es nicht anders. Als sie schließlich ihr Gespräch fortsetzten, erzählten sie sich gegenseitig, wie glücklich und grausam eine Ehe sein konnte. Dabei erfuhr Harry auch, dass Draco vorerst für ein paar Wochen in dieser Suite wohnen bleiben wollte, da Astoria ihren Geliebten nach Malfoy Manor geholt hatte und er sich dieses Elend nicht mit ansehen musste. Draco wiederum erfuhr von Harry, dass er es vorzog die Wochenende lieber bei seinen Freunden zu verbringen, als mit Ginny in einem Haus zu wohnen und da gab es auch noch sein Patensohn Teddy, der nach seinem Abschluss in Hogwarts jetzt Alte Geschichte und Archäologie studierte und in seine eigenen Studentenbude gezogen war.
Erst nachts um ein Uhr verabschiedeten sich die beiden voneinander. Sie wirkten befreit und zufrieden und kurz bevor Harry nach Hause apparierte, umarmten sie sich freundschaftlich und verabredeten sich gleich für den nächsten Abend wieder.
Das taten sie von da an jeden Abend von neuem, nur die Wochenenden verbrachte Harry die nächsten zwei Monate bei seinen Freunden Hermine, Ron und ab und zu auch mit Teddy. Er schaffte es sogar, seine neu gewonnene Freundschaft zu Draco vor ihnen geheim zu halten, obwohl sie deutlich eine positive Veränderung an ihm entdeckt hatten. Aber alles Fragen und Betteln half nichts und Harry war sehr stolz auf sich, dass er bisher noch nichts gesagt hatte.
Anfang November saß Harry nach Feierabend in seinem Lieblingssessel am Kamin in Godric`s Hollow und hielt ein offizielles Schreiben mit Siegel von Hogwarts in der Hand. Er hatte den Inhalt nun schon zweimal gelesen und musste ganz dringend mit Draco reden. Daher zog er sich rasch seine Jacke über und verschwand innerhalb der nächsten Minuten nach Muggellondon.
~~~ Fortsetzung folgt ~~~